Katholische Pfarrgemeinde  Dom zum Heiligen Kreuz

Nordhausen

Liturgie - Christliche Werte

 Schweigen können

Foto: Peter Kane

Jesus wird angeklagt. Nach dem Verrat des Judas und seiner Verhaftung in Gethsemane steht er vor dem Hohen Rat und dann vor Pilatus. „Da sagte Pilatus zu ihm: Hörst du nicht, was sie dir alles vorwerfen?“ Aber Jesus „antwortete ihm auf keine einzige Frage.“ (Matthäus 27,13-14). Ist Schweigen-Können ein Wert? Influencer jedenfalls schweigen nicht, Politiker nicht, Anwälte nicht, die Nachrichtensendungen auch nicht. Sie leben von News, Informationen. In brenzligen Situationen, wo es um etwas geht, muss man reden, klären, zurechtrücken, eine Gegendarstellung bringen, mit klaren Worten überzeugen. Doch Jesus? Schweigt.
Der sonst mit seinen Gleichnissen und Parabeln Herzen bewegt, schweigt vor Pilatus. Vielleicht, weil dies die einzige, die passende Haltung und Antwort ist in einem Verhör, dessen brutaler Ausgang schon feststeht. Hier ist jedes weitere Wort sinnlos, zu viel, überflüssig.
Nur drei Worte äußert Jesus im Verhör: Auf die Frage des Statthalters „Bist du der König der Juden?“ spricht er: „Du sagst es.“ (Matthäus 27,11). Damit ist alles gesagt. Man kann diesen so ganz anderen König anerkennen oder ihn verurteilen. An der Logik seiner Botschaft, seiner Haltung und an dem Weg, der nun folgt, ändert es nichts.

Ja: Schweigen ist ein Wert. Wenn Worte nur Gerede sind. Wenn sie nichts Gutes bewirken. Wenn Vertrauen auf dem Spiel steht. In der Seelsorge ist Schweigen der höchste Wert, den das Beichtgeheimnis schützt. Im Kontakt mit Gott lässt mein Schweigen Seine Stimme vernehmbar werden. An Orten, wo kein Geräusch ist, kann Ruhe einkehren. Man muss das aushalten können. Oder lernen, es anzunehmen. Und dabei merken, dass Stille einfach gut ist.

Uwe Rieske


Quelle: Bermoser + Höller Verlag AG
Foto: Peter Kane
Bild im Header: © Herrad von Landsberg / cc0 – gemeinfrei / Quelle: commons.wikimedia.org

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