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Gott ist Fülle
Viele Geschichten sind von der heiligen Elisabeth überliefert, die sich um ihre Nächstenliebe und Frei-gebigkeit drehen – am bekanntesten sicherlich die vom Rosenwunder. Doch zum Leben der Heiligen gehören auch Schatten-seiten.
Ihr geliebter Mann stirbt früh auf dem 5. Kreuzzug. Elisabeth muss dieser Tod schwer getroffen haben: „Mit ihm ist mir die Welt gestorben.“ Zu der Trauer um den toten Mann kamen Auseinandersetzungen mit der Familie; da ihr Sohn erst 5 Jahre alt war, übernahm ihr Schwager Heinrich Raspe IV. die Re-gierung. Er vertrieb die Witwe mit ihren drei Kinder mit der Begründung, sie verschleudere staatliche Gelder für Almosen. Elisabeth ging nach Bamberg; Plänen, sich neu zu vermählen, erteilte sie Absa-gen, selbst Kaiser Friedrich soll vergeblich um sie geworben haben. 1229 zog Elisabeth an den Wohn-ort ihres „Seelenführers“, dem Prämonstratenser Konrad von Marburg, einem fanatischen Asketen, der Elisabeth mit Bußübungen quälte und 1233 wegen seiner Strenge erschlagen wurde. Mit ihrem Witwenvermögen gründete Elisabeth in Marburg ein Spital, in dem sie jene Kranken pflegte, die in keinem anderen Krankenhaus aufgenommen wurden. Sie gibt auf Druck Konrad von Marburgs ihre drei Kinder weg und trat in die von Konrad geleitete Hospitalitergemeinschaft ein. In ihrer Treue zu Gott widmete sie die letzten drei Jahre bis zu ihrem frühen Tod am 17. November 1231 in völliger Selbstaufgabe den Armen und Kranken. Es heißt, dass die letzten Tage vor ihrem Tod von kindlicher Heiterkeit überstrahlt waren. Der Tag ihrer Beerdigung am 19. November wurde zum offiziellen Gedenktag.
Elisabeth heißt auf Hebräisch „Gott ist Fülle“. Von dieser Fülle ist auf den ersten Blick in Elisabeths Leben nicht viel zu erkennen. Früh dem Elternhaus entrissen, wuchs sie in einer fremden Umgebung auf. Schon früh widmete sie ihr Leben den Armen. Nach kurzer glücklicher Ehe starb ihr Mann vor der Geburt ihres dritten Kindes und Elisabeth erfuhr die Hartherzigkeit ihrer Verwandten. Als das Leben für sie immer enger wird, offenbart sich die Weite ihres Herzens: Ganz „opfert“ sie ihr Leben den Armen. Und darin offenbart sich die ganze Fülle der Liebe. Die Liebe Gottes zu den Menschen, die in der Liebe Elisabeths zu den Armen einen einmaligen Widerschein findet.
Michael Tillmann
Quelle: Bergmoser + Höller Verlag AG
Foto: Michael Tillmann