Der Dom - Historie
Gründung des Domes* bis zur Reformation
Die Gründung geht zurück auf die Errichtung eines Frauenstiftes 961 durch die erste deutsche Königin Mathilde auf dem Boden der Burganlage Nordhausen, die ihr von ihrem Mann, König Heinrich I. als Witwensitz geschenkt worden war.
Das weltliche Frauenstift war eine religiöse Gemeinschaft von meist adeligen Frauen ohne Gelübde. Es wurde von einer Äbtissin geleitet. Die Stiftskirche, gebräuchlich auch als Dom bezeichnet, hatte mit Stift und Burganlage weitreichende Bedeutung.
Das Stift besaß Markt- Münz- und Zollrecht sowie über Jahrhunderte Sitz und Stimme im Reichstag . Als reichsunmittelbares Stift stand es unter dem Schutz des Kaiserhauses.
Die Äbtissin hatte Sitz und Stimme auf den Landtagen von Sachsen-Altenburg. Ab 1158 war sie auch Herrin über die Burg und die Marktsiedlung Nordhausen.
Vermutlich der Urenkel Mathildes, Otto III., vermachte dem Stift eine Reliquie vom Kreuz Christi. Mit dieser Schenkung begannen große Wallfahrten zum „Dom zum Heiligen Kreuz“ und machten auch die Stadt selbst zu einem religiösen Mittelpunkt.
Glanzvoller Höhepunkt war die Hochzeit Kaiser Otto IV. mit Beatrix von Schwaben.
Dank guter Verbindungen zum Kaiser Friedrich II. konnte 1220 der amtierende Propst des Stiftes, Graf Dietrich von Hohenstein, die Umwandlung des Frauenstiftes in ein Domherrenstift erreichen. Die Stadt Nordhausen wurde freie Reichsstadt und die Markt-, Münz- und Zollrechte gingen auf die Stadt über. Dafür wurde das Domstift ein reichsunmittelbar freies, kaiserliches Stift, das die Patronatsrechte über alle anderen Stadtkirchen hatte.
Das räumliche Beieinander zweier unabhängiger Institutionen, wie die freie Reichsstadt Nordhausen und das kaiserliche Domstift, brachte zwangsläufig größere und kleinere Zwistigkeiten mit sich:
- 1324 wurde das Stift in den blutigen Auseinandersetzungen des Adels mit den Zünften ihrer Rechte und Pfründe beraubt. Erst nach 2-jähriger Belagerung der Stadt durch den kirchlich zuständigen Erzbischof von Mainz wurde der alte Zustand wieder hergestellt und die Domherren konnten in ihr Domizil zurück kehren. Die von den Bürgern zerstörte Burg wurde nicht wieder aufgebaut.
- Kaiser Karl V. musste 1530 das Stift vor den Übergriffen der Stadt Nordhausen (der Rat der Stadt beschloss 1524 offiziell die Einführung der Reformation), schützen. Sie wollte das Stift säkularisie-ren und die Güter einziehen. Die Stiftsmitglieder beharrten bei ihrem alten Glauben und der Dom blieb katholisch.
Das Stift aber war durch die Reformation mit einem Schlage in die Diaspora versetzt und damit auch seiner Bedeutung beraubt.
Vom 30-jährigen Krieg bis zur Säkularisation
Weiteres Leid erfuhr das Stift 1632- 1637, als im 30- jährigen Krieg durch schwedische Truppen Altäre, Orgel, alle Kisten und Kasten in der Sakristei zerstört, Kelche und Kirchenornate geraubt, Briefe und Siegel zerrissen, fürstliche Gräber geplündert und als Kriegsbeute hinweg geführt wurden.
Nach dem 30-jährigen Krieg verarmte das Stift so sehr, dass die Domherren 1675 die in ihrer Kirche verehrte Kreuzreliquie mit dem kostbaren Kreuzreliquiar nach Duderstadt verkaufen mussten.
Die Auflösung des Domherrenstiftes wurde als Folge des Reichsdeputationshauptschlusses (letztes bedeutendes Gesetz des Heiligen Römischen Reiches,1803 in Regensburg verabschiedet) herbei-geführt. Unter der preußischen und zwischenzeitlich französischen Herrschaft wurden die Güter und Ländereien des Stiftes konfisziert und die alte Reichsunmittelbarkeit beendet. Am 22. Dezember1810 sangen die letzten sechs Stiftsherren im Dom die letzte Vesper. Eine 600-jährige Epoche des Domes ging zu Ende.
Die Freie Reichsstadt Nordhausen wurde preußische Provinzstadt, die Stiftsgüter staatliche Domäne und der Dom Pfarrkirche für damals 100 Katholiken.
Vom ehemaligen Stift ist heute nur noch das Kapitelhaus an der Nordseite des Domes erhalten.
Nach der Säkularisation bis heute
1812 diente der „sehr verwüstete Kirchenraum“ als Magazin, Pferdestall und Exerzierhalle. Längs der Pferdestände in den Seitenschiffen zerfraß Salpeter das Mauerwerk. Durch die Einquartierungen in den napoleonischen Kriegen hatte der Dom stark gelitten. Der preußische Staat, der jetzt die Unterhalts-pflicht für den Dom hatte, stellte 1843 und 1927-1929 erhebliche finanzielle Mittel für notwendige Res-taurierungsarbeiten zur Verfügung. Durch die Industriealisierung erhielt die Gemeinde vornehmlich aus dem katholischen Eichsfeld langsam Zuwachs. Viele fanden in Nordhausen Arbeit und blieben hier.
In den 20-er Jahren bemühte sich der damalige Dechant Hunstiger vergeblich um den Rückkauf des Kreuzreliquiars, des Wahrzeichens des Domes. Erst anlässlich der 1000-Jahrfeier der Stadt Nordhau-sen 1927 erhielt die Gemeinde eine neue Kreuzreliquie mit neuem Reliquiar.
Im 2. Weltkrieg erlitt der Dom großen Schaden. Zwei von fünf Glocken wurden zu Kriegszwecken weg-geholt und eingeschmolzen. Beim Bombenangriff am 4. April 1945 gingen die schönen, erst 1927/28 eingebauten Buntglasfenster zu Bruch. Etwa 1/3 des Daches brannte ab, der Rest musste anschließend abgetragen werden. Die Gewölbe standen einige Zeit frei. Ende des Jahres wurde bereits mit dem Bau des neuen Chordaches und mit dem Notdach über dem Langhaus begonnen.
Die äußerlichen Schäden und die Drangsalierung vieler katholischer Gemeindemitglieder während des NS-Regimes konnten aber der inneren Glaubenskraft der Gemeinde keinen Abbruch tun. Flüchtlinge aus den damaligen deutschen Ostgebieten vergrößerten nach dem 2. Weltkrieg die Gemeinde.
Die Unterdrückung der Christen aller Konfessionen unter der kommunistischen Herrschaft bis 1989 konnte der Domgemeinde nicht wirklich schaden. Trotz vieler widriger Umstände und Dank des großen Sparwillens der Gemeinde gelang es 1962, die 2 fehlenden Glocken neu zu gießen, 1964 ein neues, im gotischen Stil konzipiertes Dach zu errichten.
Fast 20 Jahre lang musste sich die Domgemeinde mit einem Orgelbehelf begnügen, bis, wiederum nach langem Sparen, eine prächtige Klais-Orgel (ursprünklicher Standort war die Stadthalle in Kassel) nicht nur den Gesang der Gemeinde zur Ehre Gottes verschönert, sondern auch den Dom durch zahlreiche Orgelkonzerte über die Stadt hinaus bekannt macht.
Bewahrt durch die Jahrhunderte lange Geschichte ist und bleibt der „Dom zum Heiligen Kreuz“ mit seinen Kostbarkeiten Krypta,Kreuzreliquie, Bildnis „Madonna mit der Akelei“, Chorgestühl und Stifter-figurennicht nur ein altehrwürdiges Denkmal deutscher Baukunst und Geschichte. Er istauch als geweih-te Stätte des Gottesdienstes ein Zeugnis christlichen Glaubens,ein Haus der Einkehr und des Gebetes und Mahnung zum Frieden.
Text: Gisela Zeh
(*) Der Existenz des Frauen- und späteren Domherrenstiftes verdankt die katholische Pfarrkirche in Nordhausen die Bezeichnung "Dom", die im Mittelalter für Bischofs-, Kloster- und eben auch für Stiftskirchen gebräuchlich war.