Katholische Pfarrgemeinde  Dom zum Heiligen Kreuz

Nordhausen

Aktuell - Wunder

 Zu Wundern ermutigt

Worms ist die Stadt der Nibelungen. Am Rhein steht das Denkmal des Hagen von Tronje, wie er gerade den Nibelungenschatz in die Fluten wirft; am Portal des Wormser Doms hat der legendäre Königinnenstreit zwischen Brünhild und Kriemhilde stattgefunden; das Nibelungenmuseum klärt über Sage und Mythos auf; und in dessen Nähe findet sich auch der Nachbau des legendären Siegfried-Grabes.

Die Stadt am Rhein nimmt aber auch – deutlich handfester – einen wichtigen Platz in der Geschichte der Reformation ein:
Nachdem Martin Luther am 31. Oktober 1517 mit dem Thesenanschlag in Wittenberg die Re-formation ausgelöst hatte, wurde gegen ihn im Januar 1521 der Bann erlassen; er war als Ketzer gebrandmarkt. Sein Landesfürst, der sächsische Kurfürst Friedrich III., konnte Luther vorerst vor dem Scheiterhaufen schützen, indem er durchsetzte, dass Luther vor Kaiser und Reich erscheinen und gehört werden sollte. Am 17. und 18. April 1521 wurde der Wittenberger Professor auf den Reichstag in den Wormser Bischofshof gebracht, wo vor Kaiser, Kurfürsten, Fürsten, den päpstlichen Gesandten und zahlreichen Würdenträgern des Reiches der Widerruf seiner Schriften gefordert wurde.
Doch Luther widerrief nicht: „Wenn ich nicht mit Zeugnissen der Schrift oder mit offenbaren Vernunftgründen besiegt werde, so bleibe ich von den Schriftstellen besiegt, die ich angeführt habe, und mein Gewissen bleibt gefangen in Gottes Wort. Denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilen allein, weil es offenkundig ist, dass sie öfters geirrt und sich selbst widersprochen haben. Widerrufen kann und will ich nichts, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas gegen sein Gewissen zu tun. Gott helfe mir, Amen.“ 

In einem späteren Wittenberger Druck sind die sieben Worte eingefügt, die später mannigfach zitiert wurden: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“ In den Reichstagsprotokollen und in Luthers Aufzeich-nungen findet sich diese Formulierung nicht. Und doch ist ihre Wirkung kaum zu übertreffen. Worms markiert den Sieg des Gewissens über Macht und Institution.
Genau diesen Satz habe ich einmal in großen Kreidebuchstaben in Worms auf einem Bürgersteig gelesen. Direkt neben dem Luthersatz steht auf einem anderen Bordstein – geschrieben in gleicher Schrift – ein weiterer Satz, vielleicht eine Deutung: Die ganze Welt ist voller Wunder. Ja, was damals in Worms geschah, war ein Wunder. Wenn sich Menschen heute auf ihr Gewissen berufen und gegen die Unwahrheit, die Gewalt, die Unterdrückung der Mächtigen aufstehen, ist es ein Wunder.

Zu Wundern sind wir alle ermutigt. Von Gott selbst. Der uns durch Martin Luther eines deutlich gemacht hat: Wir dürfen zu ihm kommen – direkt, ohne Vermittlung von Amtspersonen, und nach seinem Wort handeln, im Vertrauen auf ihn und geleitet von unserem Gewissen. Wunderbar!

Michael Tillmann


Quelle: Bergmoser + Höller Verlag AG
Foto: Michael Tillmann

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